Brave You Free May
(2006, Mi Amante Records MIAMANTE12)
Der Herbst, dieser miesepetrige Vorbote winterlicher Melancholie mit seinen kalten Winden, seinen Laub- und Kastanienattacken, seinen dicken Jacken, warmen Rollkragenpullis und schiefen Wetterlagen. Und dieser Mann, seine Akustikgitarre und sein spröder Weltschmerz. Es könnte nicht hoffnungsloser sein.
Verblichen sind die Tage der sonnigen Exzesse, und man darf zweifeln, ob Johann Krantz sie jemals gesehen hat. Denn er bringt auf seinem zweiten Album Stimmungen und Gesänge zum Klingen, die erschaudern lassen: entschleunigter Singsang mit scheuer Inwendigkeit und erschreckend kalte Kleinode folkloristischer Prägung – eingespielt mit nur zwei engen Freunden in einem selbstgezimmerten Studio in Göteborg. Nur selten entlädt sich zitternde Emotion in aufbrausendem Zwiegesang oder sprühenden Geigenfunken, bevor düstere Themen wieder schwermütig den Songs die Luft zum Atmen entsaugen. Es ist die Aura des Unperfekten, der Ungeschminktheit und intimen Zeitlosigkeit, die dem Hörer Fesseln anlegt, von denen er sich an manchen Herbsttagen wohl nie wieder befreien wird. (maw)
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