See The Woman
(2017, MPS/Lean/Edel 0211704MS1)
Unlängst sechzig Jahre alt geworden erfindet sich die große nordnorwegische Sängerin mit »SEE THE WOMAN« ein weiteres mal neu. Angefangen hatte Mari Boine Persen in den Achtzigern mit Mainstream-Pop, dann fand sie ihren eigenen Stil mit folkloristisch gefärbten Liedern, die sie oft aus der Kultur der Samen heraus entwickelte und die über Peter Gabriels Label Real World international auf diese besondere nordische Musik aufmerksam machten. Wie nebenbei erschloss sie mit elektronischen Alben sogar ein Club-Publikum, sang auf ECM-Jazzplatten von Jan Garbarek. Und nun, acht Jahre nach ihrem letzten Album, produzierte sie mit Thomas Frøberg ein astreines Popalbum, das sie als souveräne, in sich ruhende Interpretin eigener und fremder Songs – in englischer Sprache – zeigt. Es sei ihr »Jugendtraum« gewesen, eine solche Platte aufzunehmen, sagte sie in verschiedenen Interviews.
Doch auch wenn die Porträtfotos im Beiheft mit billigen Effekten ungelenk auf flippig gemacht wurden, Mari Boines prägnante Stimme bleibt glücklicherweise unverfälscht und prägnant im Zentrum dieser luftigen, gleichwohl teils recht melancholischen zwölf Songs. Sie selbst nennt sie »Sami Blues«, und das trifft ziemlich gut, worum es ihr geht: ein reifes Album der Selbstvergewisserung und des Rückblicks, eine Einladung zu Reflektion und zugleich zu einer Spiegelung der eigenen Herkunft in Geschichten anderer Erzähler. Eine bewegende Scheibe von Songwriting und Storytelling. (ijb)
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