The Anatomy Of Timo
(2010, Razzia/Soulfood RAZZIA1-49)
Was wird aus all diesen hundeäugigen Verlierern, denen das Herz gebrochen wurde? Diese strapazierteste aller Geschichten der Welt nochmal zu erzählen, sollte es da noch Neues geben? Timo Räisänen tut es einfach. Zeigt im Song »Nothing New«, dass es eine Sache der Selbstachtung ist, den Kopf kämpfend über Wasser zu halten, trotzig-ironisch aufzubegehren und sogar ein kleines Lächeln zu versuchen. Die Außenseiterrolle selbstbewusst anzunehmen, wie im Song »Outcast«. Timo Räisänen weiß, wovon er singt. Finnischer Vater, Mutter mit anglo-indischen Wurzeln, geboren und aufgewachsen in Schweden. Wo verorte ich mich da? Erstmal: im Singer-Songwriter-Indiepopland. Und dann hebe ich ab und probiere mich an allen schillernden Rollenvorbildern aus. Am Troubadour, am Poeten, am Countrybarden, am Indierocker, am schlauen Wortschmied, am respektlosen Rebellen, am empfindsamen Träumer. Und bleibe vor allem ich selbst dabei.
Timo Räisanen ist inmitten all dieser Kalamitäten und Liebeswirren sehr er selbst. Reflekiert er selbst. Leidenschaftlich er selbst. Mit einer ungeheuren Leichtfüßigkeit er selbst, und diese Qualität ist es, die auf »THE ANATOMY OF TIMO RÄISÄNEN« neben dem Zelebrieren einer unkitschigen Sentimentalität am meisten überzeugt. In Schweden ist Räisänen, der zuvor in der Band von Håkan Hellström gespielt hat, bereits eine Größe. Sein fünftes Album hat nun dankenswerterweise ein deutsches Label gefunden, sollte aber nur als Appetizer dienen, unbedingt auch in die übrigen vier reinzuhören, die etwas tanzfüßig-lebhafter ausgefallen sind als »ANATOMY«. Doch die Innensicht, der Blick in die eigene Anatomie, die besondere Einblicke in Herzensdinge gibt, wärmt durch ihre Intimität und ääähm, Innigkeit. Und selten einen auf lakonisch-leise Weise schöneren Song über den Weltuntergang gehört als »We´Re All Gonna Die«. Timo Räisanen glitzert so wunderbar verhalten intensiv wie all diese kleinen Sterne, die abseits des Großen Wagens das eigentliche Licht am Abendhimmel spenden. (emv)
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