Dans les arbres
(2008, ECM/Universal 2058)
Aufgenommen wurde Dans les arbres' Debüt 2006, doch die Ursprünge des Projekts liegen bereits im vorhergehenden Jahrzehnt, als Gitarrist Ivar Grydeland und Perkussionist Ingar Zach als Duo begannen und das Label Sofa Music ins Leben riefen. Angesichts ihrer zahlreichen Platten wäre auch diese CD alles andere als fehl am Platz in der Sofa-Welt gewesen, zumal die Musiker das Album unabhängig von ECM bzw. ohne Manfred Eicher produziert haben. Doch eine Veröffentlichung bei ECM sichert natürlich international eine größere Aufmerksamkeit. Sollte man meinen.
Bedauerlicherweise ist diese grandiose Platte bei uns seit ihrer Veröffentlichung kaum jemandem aufgefallen. Dabei ist es ohne Übertreibung nicht nur eine der intensivsten wie individuellsten und, ja, besten CDs, die bei ECM in den 2000er Jahren erschienen sind; für den zeitgenössischen Jazz ist es nichts weniger als ein Meilenstein, und die vielen empfehlenswerten Sofa-Music-Platten gruppieren sich sozusagen wie Ergänzungen und Erweiterungen in verschiedene Richtungen herum.
Obwohl die Stücke komplett akustisch eingespielt wurden, schleicht sich des öfteren der Eindruck von elektronischen Instrumenten ein. Die Beschaffenheit von Klang wurde selten so detailgenau, brillant und zu einer eigenen musikalischen Spielart ausgearbeitet. Wiederholt treten einzelne Instrumente aus der Stille hervor, gehen einen wechselnden intuitiven Dialog mit den anderen ein, geben Raum, stellen Fragen, reflektieren den Charakter von Improvisation, Klang, Tönen, Stille und Geräusch. Dans les arbres loten die Ränder des Jazz, ja der Musik überhaupt aus und dringen dadurch zu ihrer Essenz vor. Und doch darf man sich sich diese CD nicht als unzugängliches, rein experimentelles Muckertum vorstellen. Man sollte ganz einfach Erwartungen ablegen, wenn man auf »Play« drückt – und sich frei auf das einlassen, was dieses großartige Quartett hier zu bieten hat. (ijb)
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