Kjølvatn
(2015, ECM/Universal ECM 2383 | 3770508)
An sich hätte schon Nils Øklands Album »BRIS« als »Band«-Album erscheinen können, denn »KJØLVATN« (»Kielwasser«) lässt sich unschwer als Fortsetzung der 2004 bei Rune Grammofon veröffentlichten CD erkennen. Nach dem ECM-Solodebüt »MONOGRAPH« (2009) kehrt Økland hier wieder zum Spiel im Quintett zurück, wieder mit Sigbjørn Apeland, mit dem bei ECM auch das überragende Duoalbum »LYSØEN« (2011) erschien, mit Mats Eilertsen am Bass und Håkon Stene an unaufdringlichen Schlaginstrumenten. Allein Saxofon-Wizard Rolf-Erik Nystrøm (aus dem Trio Poing) kam zwischenzeitlich hinzu, wo einst Per Oddvar Johansen als zweiter Perkussionist mitwirkte. Wie schon auf »BRIS« wurden Øklands Kompositionen, die ihre Einflüsse aus Alter Musik, Barock und (west-)norwegischer Volksmusiktradition unüberhörbar vorzeigen, im Ensemble arrangiert. Was in der Praxis bedeutet: Es wurde klug improvisiert.
Wie auf »BRIS« entstand eine zart schwebende, sehr homogene und vor allem gleichförmig getragene Suite, aus der kaum eines der einzelnen Stücke heraussticht, sondern sie vielmehr ein 50-minütiges Gesamtwerk bilden, das punktuell anhebt und dann wieder abebbt. Bass und Vibrafon geben einen ruhig dahinfließenden Rhythmus vor, der ganz entfernt an die rituell angehauchte Grundierung von Jan Garbareks »RITES« erinnert, Apelands Harmonium hält das Quintett mit einem eher fühl- als merklich hörbaren Atem zusammen, gerade auch dann, wenn der Streicher und der Bläser für einen Moment schweigen.
Nach dem achtminütigen, zentralen Ruhepol »Puls« setzen das expressive »Fivreld«, mit immer wieder auf- und abschwellenden Streicherkaskaden, und »Start«, mit erfrischend kantigen Dissonanzen, die stärksten dramatischen Akzente, was dem Album überaus gut bekommt, um etwas aus der Gleichförmigkeit auszubrechen. Zugleich besticht »KJØLVATN« durch die dichte Qualität des über Jahre gewachsenen Zusammenspiels und durch die Intensität der stillen Feierlichkeit, die Øklands Werk in die sakrale Nähe manch Alter Musik rückt. Nicht umsonst fanden die Aufnahmen, unter Aufsicht des (Ton-)Meisters stiller norwegischer Klänge Audun Strype in der für vorzügliche Klangqualität bekannten Østre-Toten-Steinkirche im Südosten Norwegens statt. Bewegend. (ijb)
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