Arabian Horse
(2011, Kompakt CD89, 880319056123)
Mit dem Wechsel zur deutschen Plattenfirma Kompakt hat für die Isländer offenbar eine kreative Renaissance begonnen. Wie oft hat man schon den Satz gehört, dass eine Band mit ihrem neuen Album zu ihren Anfängen zurückgekehrt sei und zu alter Form zurückgefunden habe? In diesem Fall allerdings trifft es zu. GusGus' siebtes Album klingt fast, als sei es direkt nach dem ersten, nach wie vor besten Album »POLYDISTORTION« von 1997 entstanden. Die wenigen Hörer, die in den Jahren dazwischen alle Abwege, Umwege, Experimente und Pop-Hits verfolgten, werden wissen, dass GusGus sich immer zwischen langen Techno- und Dancefloortracks und eingängigem Pop bewegt hat, mal ins eine Extrem tendierend (»Forever«), mal ins andere (»This Is Normal«). Der einzige Nachteil an »ARABIAN HORSE«: Auch diese Platte erreicht nicht »POLYDISTORTION. Es ist freilich ungerecht, eine Band immer am ersten großen Erfolg zu messen, zugegeben. Geschenkt. Wenn es doch nun mal so ist.
Die aktuelle Triobesetzung hat mit den Hippie-Anfängen im wild-kreativen Ensemblegeist nichts mehr gemein. GusGus klingen so kompakt wie es der Name ihres Labels vorgibt; sie sind heutzutage strukturierter, eleganter, angepasster - und ja, auch solide und zulässig. Mancher findet das glatt oder uninspiriert, aber man möge genau hinhören: Wie sich im Eröffnungsstück, einem eingängig pulsierenden Elektro-Track, die Streicher mit den analogen Synthesizern verbinden und am Ende überraschend Banjo und Akkordeon die Coda allein bestreiten, das ist schon sehr fein - und gibt die Richtung für die folgenden neun Stücke vor. Nur zwei der zehn Tracks – wohl die besten, »Selfoss« und »Benched« – sind instrumental. Die meisten, wie »Be with me« oder »Magnified Love«, entpuppen sich dagegen als eingängige, GusGus-typische Popsongs mit House-Grundierung, zwar weniger kraftvoll rhythmisch als etwa einst »Believe« oder »Ladyshave«, stattdessen klanglich ausgefeilt und veredelt. Bei drei Liedern ist sogar Urður »Earth« Hákonardóttir wieder am Mikrofon. Insgesamt also ein homogenes Album, ohne Ausreißer (das ist so gut wie schlecht gemeint), der Teufel steckt im Detail. (ijb)
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