Lonely House
(2013, Sony Music 88883706152)
Hatten wir Caroline Hendersons Alben bislang durchweg unter »Jazz« einsortiert, obgleich sie sich meist einfacher Kategorisierung entzogen, mal mehr Pop, mal eher Blues, dann Ausflüge ins Great American Songbook waren. Für ihr mittlerweile elftes Studioalbum lässt sich die Jazz-Schublade beim besten Willen nicht mehr bemühen, doch erfreulicherweise wurde »LONELY HOUSE« nach einigen allzu soliden, fast gefälligen Platten - und als bereits dritte beim Majorlabel - alles andere als vorhersehbarer Mainstream. Wie toll, dass Caroline Henderson im Alter von 51 Jahren so überrascht, gar mit jedem Song der CD, und das ausgerechnet mit einem scheinbar so abgenudelten Projekt wie »Caroline interprets Kurt Weill«. Wer hätte das gedacht? Haben sich nicht schon genügend Leute an »What keeps Mankind alive« die Zähne ausgebissen...?
Unterstützt vom Piano-Bass-Schlagzeug-Trio des Vorgängeralbums, dazu Gitarre, Beats und Synths, produzierte Henderson unkonventionelle Neuinterpretationen von Songs des deutschen Sozialkritikers und strukturierte sie geistreich zu einem dunklen Kaleidoskop. »Speak Low« wiegt uns, nach einer Ouvertüre, bei der man sich kurz im neuen Depeche-Mode-Album wähnt, noch in Sicherheit; doch wenn sie »Mackie Messer« als sinnlich-morbide Klavierballade mit leise irisierender Elektronik darbietet, wird's fesselnd. Oder »Ballad of the Soldier's Wife« und »I'm a Stranger here myself« als als exzellente TripHop-Nummern, impressionistisches Piano inklusive, »September Song« heiter zerlegt, kaum wiederzuerkennen. Und als kleines Meisterwerk für sich: »Train to Heaven« als organisch-jazziges Drum&Bass-Stück mit fernen, dunklen Soundeffekten, souligem Gesang und hartnäckig treibendem Piano, in schrill verstörenden Gitarrensynths endend. Eine echte Neuentdeckung, sowohl von Weill als auch von Henderson. (ijb)
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